Freitag, 10. Oktober 2008

Eine Gesellschaft geht über rot

Die Leute gucken mich immer komisch an wenn ich sage "Ich mag Menschen nicht!". Das kann ich verstehen, ich drücke mich auch falsch aus. Ich mag Menschen, ich käme nie auf die Idee ein Individuum zu hassen, aber ich hasse diese Gesellschaft. Ich mag einfach die "Menschheit" als Masse nicht.

Wir leben in einer Gesellschaft die über rot geht, nur um schneller am Ziel anzukommen. Was zählt ist das eigene Ego, jeder muss sich beweisen und profilieren. In dieser Gesellschaft musst du "funktionieren" oder du fällst aus dem Raster. Hast du abweichende Meinungen, abweichendes Aussehen oder ein abweichendes Tempo, so fällst du aus dem Raster.

Falls man sich bemüht und etwas richtig oder gut macht, so fällt das niemandem auf. Das wird ja erwartet! Sobald man einen kleinen Fehler macht, irgendetwas ungereimt ist, wird der Finger erhoben und man kann mit einer schlimmen Predigt rechnen.
In unserer Gesellschaft gibt es kein Lob, sondern nur Gemecker.

Überhaupt sind die Menschen nur am meckern. Man sollte meinen, dass der Mensch durch diese ganzen Bestrebungen, durch das zwanghafte beweisen und profilieren und dieses stressige Tempo zufriedener ist. Aber das ist er nicht. Der Mensch ist nie zufrieden und Psychologen sind nie arbeitslos.

Es passiert sogar, dass man "bestraft" wird wenn man etwas gut macht. Ein Beispiel: Wenn ich im Englisch-Unterricht als erster mit einer Aufgabe fertig bin, bekomm ich einfach eine weitere Aufgabe, damit ich beschäftigt bin. Wenn ich in Mathe 1 stehe, werde ich gebeten nachmittags in "Online-Stunden" bereit zu stehen um den anderen Mitschülern Mathe zu erklären.

Das Problem ist einfach, dass die Menschen in der Regel den einfachsten Weg gehen wollen. Wenn sie Probleme oder Ängste haben, dann flüchten und verdrängen sie. Wenn ich in Englisch fertig bin, krieg ich einfach die nächste Aufgabe die im Lehrbuch steht.

Ich habe neulich mit einer Freundin darüber geredet, dass es in ärmeren Ländern oft noch deutlich sozialere Strukturen innerhalb der Gesellschaft gibt. Man hilft sich mehr, passt aufeinander auf und unternimmt sogar etwas zusammen. Man ist locker und herzlich.

Etwas, was mir in der "westlichen Welt" fehlt. Hier sind alle verkrampft und alles andere als locker. Und warum? Die USA machen es vor, jedes Land will mithalten, da sind sie wie die Menschen. Jedes Land will sich profilieren und beweisen, will Wirtschaftswachstum, die Kosten senken, den Profit erhöhen und mit den USA mithalten! So wird es leider auch den eben gelobten Ländern ergehen. Der Mensch ist auf Macht aus und hat er sie mal gerochen, will er mehr.

Warum entsteht daraus eigentlich dieses Verkrampftheit (gibt es das Wort?)

Ich denke das kommt einfach von diesem Wettbewerb. Man bekommt in den Medien, in Modezeitschriften, in Castingshows oder wo auch immer klare Bilder vorgesetzt wie man zu sein hat. Frauen müssen so und so aussehen und so und so sein, darauf stehen die Männer! Und Männer müssen so und so sein und die und die Hobbies haben, sonst sind sie keine echten Männer!

Jeder vergleicht sich mit jedem, jeder denkt darüber nach, "was wohl die Leute denken?". Was ist das? Wozu?
Die Menschen werden total verkrampft und brauchen auf jeder Party, bei jedem Discoabend, auf jedem Konzert erstmal 3 Bier um runterzukommen. Und selbst dann tanzen sie, als hätten sie einen Stock im Arsch.

Ist das nicht total unnötig? Kann man nicht einfach auf einem biederen Jazzkonzert, wo alle sitzen und ganz vorsichtig mit dem Kopf wippen, einfach mal aufstehen und tanzen?

Was ist das Problem? Was tut daran weh?

Nichts, in Wirklichkeit will jeder Mensch genau das. Jeder Mensch will ausbrechen, sehnt sich nach Meer und Urlaub, nach tanzen und lieben. Im Alltag erreicht er diesen Zustand nur ansatzweise durch Alkohol und feiern. Einfach mal nicht "funktionieren" und über die Stränge schlagen. Die Leidenschaft ausleben, das will doch jeder Mensch. Wenn ich auf dem Jazzkonzert einfach tanze, dann sagen mir die Leute hinterher "endlich!" und werden selbst sichtbar lockerer. Menschen brauchen eben immer einen Führer, der den Weg vorgibt und für sie die Grenze bricht. Die Verantwortung übernimmt und das Schiff lenkt.

Warum wird uns das nicht vorgelebt? Warum gehts immer nur um Konsum, Profit und Darstellung? Ist das Leben nur eine Show? Sind wir dann Publikum oder Darsteller?

Ich fühle mich oft einsam und ich hab mich immer gefragt, warum ich mich so einsam fühle. Es ist ganz einfach: Ich erkenne mich in den Menschen nicht wieder. Ich habe eine andere Welt im Kopf, ich kann vieles einfach nicht verstehen und nicht nachvollziehen. Und ehrlich gesagt, kann ich mich damit auch nicht abfinden. Vielleicht funktioniere ich einfach nicht so gut, denn wenn ich an der Ampel bei rot stehen bleibe und auf grün warte, komm ich nunmal zu spät...

1 Kommentar:

chich hat gesagt…

Ich lebe in einer Gesellschaft, in der man alles scheiße finden kann. Aus dem einfachen Grund, weil die Leute eher glauben was verurteilbar ist.